United Shits of America

„United Shits of America“ wirkt auf den ersten Blick wie ein politischer Albtraum in Acryl. Das Bild ist dicht gepackt mit Symbolen, die eine düstere, fast apokalyptische Vision der USA zeichnen. Die bedrückende Farbpalette aus dunklen Blautönen, grauen Rauchwolken und erdigen Tönen verleiht der Szene eine kalte, beklemmende Atmosphäre. Im Zentrum steht eine entstellte Freiheitsstatue, deren ikonische Bedeutung ins Gegenteil verkehrt wurde. Jedes Detail ist eine Anklage – gegen Krieg, Überwachung, Folter, Militarismus und den Verlust demokratischer Ideale. Die Komposition fühlt sich chaotisch und überwältigend an, doch dieser visuelle Overload spiegelt genau das wider, was das Bild kritisiert: eine Nation im Ausnahmezustand, zerrissen zwischen Machtanspruch und moralischem Verfall.

Die Farbgebung des Gemäldes trägt maßgeblich zur bedrohlichen Wirkung bei. Kalte Blautöne dominieren den Himmel und das Meer, während das brennende Grau der Twin Towers und das dunkle Rot der Felsen einen dramatischen Kontrast schaffen. Diese Farben verstärken das Gefühl der Zerstörung, Kälte und Hoffnungslosigkeit. Die Gesichter der Präsidenten auf dem Mount Rushmore sind blass und leblos, was sie wie Geister der Vergangenheit wirken lässt – Mahnmale einer untergehenden Weltmacht.

Die Malweise ist expressiv und detailreich, aber nicht hyperrealistisch. Die Verzerrungen der Formen – besonders die verkrümmte Freiheitsstatue, das grotesk aufgeblähte Ohr oder die brennenden Gebäude – verleihen dem Bild eine surreale, fast albtraumhafte Qualität. Die Struktur der Farben ist roh, mit sichtbaren Pinselstrichen, die die Dramatik der Szene verstärken.

Im Mittelpunkt steht die Freiheitsstatue, die anstelle der berühmten Fackel ein großes Auge in der Hand hält. Das Auge ist ein starkes Symbol: Es könnte für allgegenwärtige Überwachung stehen – ein düsterer Seitenhieb auf den US-Überwachungsstaat. Vielleicht ist es auch das Auge der Weltöffentlichkeit, das die USA kritisch beobachtet. Doch in der Hand der Freiheitsstatue könnte es auch als Symbol für einen erzwungenen Blick auf die Realität gelesen werden: Sie hält die Wahrheit in der Hand, aber ist selbst machtlos.

Das Gemälde ist eine vernichtende Kritik an der US-amerikanischen Politik und Gesellschaft. Es zeigt eine Supermacht, die an ihren eigenen Widersprüchen zerbricht: Freiheit wird durch Überwachung ersetzt, Demokratie durch Militarismus, und Heldentum durch den Tod an den Fronten unnötiger Kriege.

Obama als zentrale politische Figur steht an einer Wegscheide: Er winkt zum Abschied – von Europa oder von den eigenen Idealen? Die Totenköpfe unter ihm zeigen, dass auch seine Amtszeit von den Schatten des Krieges geprägt war. Das übergroße Ohr im Himmel ist ein Symbol für Massenüberwachung, das Grand Canyon-Felsenstück mit dem eingravierten Second Amendment verweist auf die Verquickung von amerikanischer Identität und Waffenkult.

Die Raketen, die aus dem Boden wachsen, verdeutlichen, dass die USA in ihrer DNA eine Nation des Krieges bleiben. Die Twin Towers sind der Ursprung eines politischen Narrativs, das Rechtfertigung für Folter, Überwachung und Krieg lieferte. Die misshandelten Gefangenen erinnern daran, dass die USA in ihrem Kampf gegen den Terror selbst zur Bedrohung der Menschenrechte wurden.

Und schließlich das Flugzeug mit der Aufschrift „TRUMP“: Ein Vorbote einer noch radikaleren politischen Wende, ein Symbol für den drohenden Zerfall der liberalen Ordnung.

Mein erster Eindruck – eine düstere, dystopische Vision – hat sich in der genaueren Analyse bestätigt. Circolone gelingt es, in einem einzigen Bild eine ganze politische Ära zu sezieren. Der Stil ist rau und expressiv, fast so, als würde die Malweise die Dringlichkeit der Botschaft unterstreichen. Die Farbgebung verstärkt die Atmosphäre von Untergang und Bedrohung, während die Symbolik das gesamte Spektrum amerikanischer Widersprüche einfängt.

„United Shits of America“ ist kein Bild, das eine Botschaft subtil vermittelt – es ist eine wütende, fast verzweifelte Anklage gegen eine Weltmacht, die an ihren eigenen Idealen scheitert. Es ist zugleich eine Warnung: Ein halbes Jahr vor Trumps Wahl gemalt, erscheint das Bild rückblickend geradezu prophetisch.

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